Steuerstrafrecht: Steuerhinterziehung durch Unterlassen bei der Vorschaltung von Strohmännern

Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Allerdings bleiben auch die Hintermänner in der Pflicht,  wenn sie die Handlungshoheit behalten und Strohmänner vorschieben.

Der Angeklagte hatte sich mit Anderen zusammengetan, um bei Verkäufen von Altgold die Umsatzsteuer zu sparen und das Gold „schwarz“ zu verkaufen. Er versorgte Scheideanstalten mit Altgold (Scheideanstalt: ist eine Anlage in der Edelmetalle durch Herauslösen von Verunreinigungen in sehr reiner Form abgeschieden werden).
Als Einlieferer trat der Angeklagte selbst nicht in Erscheinung, sondern er beschäftigte dafür Strohleute. Die Scheideanstalten rechneten beim Ankauf des Goldes mit den Einlieferern über Gutschriften unter Ausweis von Umsatzsteuer ab und überwiesen den Bruttokaufpreis auf das Konto der Lieferanten. Die Einlieferer führten den überwiesenen Betrag weiter an die Führungsebene der Gruppe. In der Gruppe wurden dann Scheinrechnungen erstellt, die es den Einlieferer ermöglichte, die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer im Rahmen ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen als Vorsteuer geltend zu machen. Der Kläger war in der Gruppe für die Organisation der Scheinrechnungen zuständig.

Dazu führt der Bundesgerichtshof wie folgt aus (09.04.2013 – 1 StR 586/12):

Soweit die Einlieferer Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben haben, die wegen des Vorsteuerabzugs aus Scheinrechnungen falsch waren, muss sich der Angeklagte dies zurechnen lassen. Er ist zu Recht wegen gemeinschaftlich begangener Steuerhinterziehung nach § 370 Abs.1 Nr. 1 AO, 25 Abs.2 StGB (in der Vorinstanz) verurteilt worden.
Dagegen kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen i.S.v. § 370 Abs.1 Nr. 2 AO nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen verpflichtet ist. Fälschlich ging das Landgericht in der Vorinstanz davon aus, dass bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen eine Zurechnung nach den allgemeinen Kriterien der Mittäterschaft in Betracht komme. Das Merkmal „pflichtwidrig“ in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten.
Eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen trifft gemäß § 35 AO auch den Verfügungsberechtigten. Verfügungsberechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein, der ihm gegenüber weisungsabhängige „Strohleute“ im Rechtsverkehr nach außen im eigenen Namen auftreten lässt.

Die Strohmänner standen im Verhältnis zu den führenden Bandenmitgliedern in einer „arbeitnehmerähnlichen Stellung“ und A wäre damit mittelbar als Verfügugungsberechtigter in der Pflicht gewesen, die Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Dies hat er pflichtwidrig i.S.v. § 370 Abs.1 Nr.2 AO unterlassen und sich daher der Steuerhinterziehung strafbar gemacht.

Anmerkung: s. auch: Mildes Urteil gegen Strohmann wegen Steuerhinterziehung

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