Der Deutsche Anwaltverein zur verschärften Strafbarkeit von «Kinderpornographie»

Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins Rechtsanwalt Prof Dr. Wolfgang Ewer hat am 17.9.2014 ein kurzes Statement zu dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht“ abgegeben.
Das Statement im Wortlaut:

„Nach unserer Auffassung handelt es sich um eine unverhältnismäßige Vorverlagerung der Strafbarkeit, wenn schon das Fotografieren im privaten Raum ohne strafbare Absicht unter Strafandrohung gestellt werden soll. Denn es wird etwas unter Strafe gestellt, was selbst nicht strafwürdig ist, nur weil es möglicherweise den Einstieg in ein strafwürdiges Verhalten darstellen könnte. Dies widerspricht unserem Grundverständnis, wonach nicht einmal das, was gegen den guten Geschmack verstößt oder auch ethisch bedenklich ist, allein deshalb unter Strafe gestellt werden sollte. Mithin liegt insoweit ein Verstoß gegen den Ultima-Ratio-Grundsatz vor. Bereits beim Fotografieren in der Familie droht der Staatsanwalt. Etwa, wenn im Sommer bei einem Kindergeburtstag sich die kleinen Kinder unter einem Rasensprenger abkühlen.“

Eine Notwendigkeit für den Gesetzesentwurf besteht eigentlich nicht. Anlass der Debatte in der Bevölkgerung waren die befürchteten Rechtslücken bei sogenannten Posing-Bildern. Diese Lücken bestehen jedoch nicht. Posing-Bilder sind bereits nach der aktuellen Gesetzeslage von der Strafbarkeit erfasst.

Das Bundeskabinett hatte am 17.09.2014 den Entwurf eines «Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht» beschlossen.

Nach dem neuen Gesetz soll die

unbefugte Herstellung, Weitergabe und Verbreitung von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, oder von Bildaufnahmen unbekleideter Personen, insbesondere von Kindern, auch außerhalb von Wohnungen oder geschützten Räumen (§ 201a StGB) unter Strafe gestellt werden.

Nach der aktuellen Gesetzeslage ist bereits die Herstellung, Weitergabe, Verbreitung sogenannter «Posing»-Bilder nach §§ 184b, 184c StGB  strafbar. Die «Wiedergabe von ganz oder teilweise unbekleideten Kindern in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung» soll nach dem Entwurf ausdrücklich in den Begriff der kinder- und jugendpornografischen Schriften in §§ 184b, 184c StGB aufgenommen werden. Künftig werde es aber nicht mehr erforderlich sein, dass die Körperhaltung aktiv eingenommen wird, das heißt, auch Bilder von schlafenden Kindern in einer solchen Körperhaltung seien zukünftig strafbar.
Ausgeweitet werden soll die künftige Strafbarkeit auch auf die Herstellung, Weitergabe und Verbreitung von Nacktaufnahmen insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die unter Verletzung von deren Persönlichkeitsrechten entstanden sind. Erfasst würden damit auch das Austauschen von Kinder- und Jugendnacktbildern in sogenannten Tauschbörsen.

Bislang ruht die Verjährung bis zum 21. Lebensjahr des Opfers. Die Neuregelungen sieht die Anhebung der Altersgrenze in der verjährungsrechtlichen Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB auf das 30. Lebensjahr des Opfers und die Aufnahme der Straftaten nach §§ 180 Abs. 3, 182 und 237 StGB in diese Vorschrift vor. Schwere Sexualdelikte, die einer Verjährungsfrist von 20 Jahren unterliegen, könnten damit zukünftig nicht mehr vor Vollendung des 50. Lebensjahres des Opfers verjähren, selbst wenn das Opfer zur Tatzeit minderjährig war.

Speziell für den Fall, dass es sich bei dem Täter um den Vertretungslehrer des Opfers handelt, sieht der Gesetzentwurf zudem die Erweiterung der Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und von Jugendlichen um weitere Verhältnisse sozialer Abhängigkeit (§ 174 StGB) vor.