Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Wohnungs­eigentümer­gemeinschaften

Einkommensteuer: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Wohnungseigentümergemeinschaften sind im Jahr der Zahlung gem. § 35 a zu berücksichtigen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.11.2012 – 11 K 838/10; Revision nicht zugelassen).

 

Die Finanzverwaltung hat im BMF-Schreiben v. 15.2.2010 zum Ausdruck gebracht, dass Aufwendungen für Handwerkerleistungen bei Wohnungseigentümern entgegen § 11 Abs. 2 EStG nicht im Jahr ihrer Zahlung zu einer Steuerermäßigung führen. Das FG Baden-Württemberg hat diese Auffassung der Finanzverwaltung mit dem o.g. Urteil nunmehr revidiert.

Hintergrund: Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung bei Wohnungseigentümern vertritt die Finanzverwaltung in Rdnr. 42 des BMF-Schreibens v. 15.2.2010 (BStBl 2010 I S. 140), eine differenzierende Auffassung: Danach sollen Aufwendungen für regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen (wie z.B. Reinigung des Treppenhauses, Gartenpflege, Hausmeister) grds. anhand der geleisteten Vorauszahlungen im Jahr der Zahlungen, einmalige Aufwendungen (wie z.B. Handwerkerrechnungen) dagegen erst im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung berücksichtigt werden können. Soweit einmalige Aufwendungen durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden, könnten die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Instandhaltungsrücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden. Es sei aber auch nicht zu beanstanden, wenn Wohnungseigentümer die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist.

Sachverhalt: Strittig war, ob Aufwendungen der Klägerin für Handwerkerleistungen bereits im Jahr 2006 zu einer Steuerermäßigung führen. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung. Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft fielen im Streitjahr 2006 Aufwendungen für eine geringfügige Beschäftigung sowie für Handwerkerleistungen an. Die Handwerkerleistungen wurden nicht aus der Instandhaltungsrücklage, sondern aus den laufenden Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer beglichen. In ihrer Einkommensteuererklärung 2006 machte die Klägerin die Steuerermäßigungen noch nicht geltend, da noch keine Bescheinigung der Hausverwaltung vorlag. Der daraufhin ergangene Bescheid wurde bestandskräftig. Im Jahr 2009 beantragte die Klägerin, den Einkommensteuerbescheid 2006 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Den Änderungsantrag lehnte das Finanzamt hinsichtlich der Handwerkerleistungen ab, da eine Berücksichtigung erst im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung möglich sei.

Hierzu führte das Gericht weiter aus: Die Regelung in Rdnr. 42 des o.g. BMF-Schreibens stellt eine Billigkeitsregelung dar. Sie soll die Steuerpflichtigen vor Rechtsnachteilen bewahren, die anderenfalls infolge fehlender Änderbarkeit bereits ergangener Steuerbescheide drohen könnten. Einem Steuerpflichtigen, der sich auf das in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG geregelte Abflussprinzip beruft, kann die Anerkennung seines Begehrens mit dem Hinweis auf diese Billigkeitsregelung jedoch nicht verwehrt werden. Für den Steuerpflichten ist dies etwa dann von Bedeutung, wenn er – wie vorliegend die Klägerin – durch die Häufung mehrerer Jahresabrechnungen in einem Jahr über die gesetzlich vorgesehene Höchstgrenze der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gelangt. Die Finanzverwaltung verhält sich zudem widersprüchlich, wenn sie die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen – anders als solche für Handwerkerleistungen – bereits im Jahr der geleisteten Vorauszahlungen gewährt, obwohl diese sich auch von Jahr zur Jahr ändern können.

Anmerkung: Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die Regelung in den Rdnrn. 41 – 43 des o.g. BMF-Schreibens im Sinne eines Wahlrechts des Steuerpflichtigen zu verstehen, die Aufwendungen entweder im VZ der Vorauszahlung oder insgesamt im VZ der Jahresabrechnung geltend zu machen. Es würde einen nicht gerechtfertigten Verstoß gegen das in § 11 Abs. 2 EStG geregelte und auch im Bereich der Steuerermäßigungen zu beachtende Abflussprinzip bedeuten, würde man einzelne Aufwendungen – wie die hier streitigen Handwerkerleistungen – hiervon ausnehmen. Eine Revision hat das Gericht nicht zugelassen. Die Berücksichtigungsfähigkeit der Steuerermäßigung ergebe sich eindeutig aus dem in § 11 Abs. 2 EStG geregelten Abflussprinzip. Auch lagen im Streitfall die Änderungsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vor.